Usbekische Musik
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- | Der Charakter der usbekischen Musik ist geprägt von der politischen Aufteilung der ehemaligen zentralasiatischen Sowjetrepubliken in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts, bei der die beiden kulturellen Zentren Buchara und Samarkand Usbekistan zugeschlagen wurden. Die Kultur der beiden Städte ist stark geprägt von tadschikischen Einflüssen, die wiederum hauptsächlich dem persischen Sprach- und Kulturraum zuzuordnen sind. Demgegenüber sind die Usbeken – die größte Bevölkerungsgruppe Zentralasiens – turksprachig, wie auch die alte Bezeichnung für Zentzralasien „Turkestan „ vermittelt. Die Aufführungen usbekischer Musik sind deshalb in usbekischer wie auch tadschikischer Sprache, häufig werden sogar beide Sprachen in einem Stück verwendet. | + | [[bild:usbekFlag.gif]] |
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+ | Der Charakter der usbekischen Musik ist geprägt von der politischen Aufteilung der ehemaligen zentralasiatischen Sowjetrepubliken in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts, bei der die beiden kulturellen Zentren Buchara und Samarkand Usbekistan zugeschlagen wurden. Die Kultur der beiden Städte ist stark geprägt von tadschikischen Einflüssen, die wiederum hauptsächlich dem persischen Sprach- und Kulturraum zuzuordnen sind. Demgegenüber sind die Usbeken – die größte Bevölkerungsgruppe Zentralasiens – turksprachig, wie auch die alte Bezeichnung für Zentralasien „Turkestan „ vermittelt. Die Aufführungen usbekischer Musik sind deshalb in usbekischer wie auch tadschikischer Sprache, häufig werden sogar beide Sprachen in einem Stück verwendet. | ||
- | Die Musik Usbekistans ist exotisch und eigenständig, aber sie klingt dennoch den Musiken des Mittleren Ostens und Persiens entfernt verwandt. Eine Besonderheit ist, dass die dort üblichen Vierteltöne in der usbekischen Musik lediglich als Verzierungen eine gewisse Bedeutung haben. Die Instrumente sind denen in der arabischen Welt ähnlich: Langhalslauten, Rohrflöten, Tambourine und kleine Trommeln. In der Vergangenheit war die Musik verknüpft mit den fahrenden Barden und Geschichtenerzählern, die von Stadt zu Stadt reisten und dramatische Gedichte und Epen rezitierten. | + | Die Musik Usbekistans ist exotisch und eigenständig, aber sie klingt dennoch wie [[arabische Musik]] des Mittleren Ostens und [[persische Musik]]. Eine Besonderheit ist, dass die dort üblichen Vierteltöne in der usbekischen Musik lediglich als Verzierungen eine gewisse Bedeutung haben. Die Instrumente sind denen in der arabischen Welt ähnlich: Langhalslauten, Rohrflöten, Tambourine und kleine Trommeln. In der Vergangenheit war die Musik verknüpft mit den fahrenden Barden und Geschichtenerzählern, die von Stadt zu Stadt reisten und dramatische Gedichte und Epen rezitierten. |
Die klassische Musik Zentralasiens heißt Shashmaqam, das Wort bedeutet sechs [[Maqam]], oder sechs Tonleitern; sie entstand in Buchara im späten 16. Jahrhundert, als die Stadt ein regionales Zentrum war. Der Shashmaqam gelangte in der städtischen Kultur Zentralasiens zur Blüte, am stärksten neben Buchara in Samarkand. Shashmaqam ist eng mit dem Azeri Mugam Aserbeidschans und dem Muqam der Uiguren Westchinas verwandt. Die Bezeichnung Shashmaqam bezieht sich auf die Struktur der Musik die sich in sechs Abschnitte in unterschiedlichen Modi gliedert, ähnlich wie bei persischer klassischer Musik. Die Musik wird unterbrochen von „gesprochener“ Sufilyrik, wobei der Sprecher aber ebenfalls eine Tonhöhenmelodie verwendet, im tiefen Register beginnt und nach und nach eine Klimax erreicht, nach der die Rezitation wieder zum tiefen Anfang zurückkehrt. | Die klassische Musik Zentralasiens heißt Shashmaqam, das Wort bedeutet sechs [[Maqam]], oder sechs Tonleitern; sie entstand in Buchara im späten 16. Jahrhundert, als die Stadt ein regionales Zentrum war. Der Shashmaqam gelangte in der städtischen Kultur Zentralasiens zur Blüte, am stärksten neben Buchara in Samarkand. Shashmaqam ist eng mit dem Azeri Mugam Aserbeidschans und dem Muqam der Uiguren Westchinas verwandt. Die Bezeichnung Shashmaqam bezieht sich auf die Struktur der Musik die sich in sechs Abschnitte in unterschiedlichen Modi gliedert, ähnlich wie bei persischer klassischer Musik. Die Musik wird unterbrochen von „gesprochener“ Sufilyrik, wobei der Sprecher aber ebenfalls eine Tonhöhenmelodie verwendet, im tiefen Register beginnt und nach und nach eine Klimax erreicht, nach der die Rezitation wieder zum tiefen Anfang zurückkehrt. | ||
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Für über fünfhundert Jahre stand die usbekische Musik mit den großen Höfen von Buchara, Khiva und Khokand in Verbindung, was ihr zur Sowjetzeit den Vorwurf des Feudalismus eintrug. Aus diesem Grund und wegen ihrer religiösen Inhalte wurde die klassische usbekische Musik in den Fünfzigerjahren sukzessive von der aufkommenden Unterhaltungsmusik verdrängt. Während der Sowjetära wandelte sich der Shashmaqam in eine Art Kantate, die aufgeführt wurde mit Chor und kleinem Orchester, das mit einheimischen Instrumenten besetzt war; heute schlägt das Pendel wieder zu einer ursprünglicheren, authentischeren Aufführungspraxis zurück. | Für über fünfhundert Jahre stand die usbekische Musik mit den großen Höfen von Buchara, Khiva und Khokand in Verbindung, was ihr zur Sowjetzeit den Vorwurf des Feudalismus eintrug. Aus diesem Grund und wegen ihrer religiösen Inhalte wurde die klassische usbekische Musik in den Fünfzigerjahren sukzessive von der aufkommenden Unterhaltungsmusik verdrängt. Während der Sowjetära wandelte sich der Shashmaqam in eine Art Kantate, die aufgeführt wurde mit Chor und kleinem Orchester, das mit einheimischen Instrumenten besetzt war; heute schlägt das Pendel wieder zu einer ursprünglicheren, authentischeren Aufführungspraxis zurück. | ||
- | Viele der heutigen Musiker haben einen akademischen Abschluss in ihrem Genre. Die religionskritische Linie der Sowjetunion hat aber dazu geführt, dass in Usbekistan, wie in den anderen zentralasiatischen Staaten religiöse Sujets in der aktuellen Musikszene selten vorkommen, im Gegensatz zum benachbarten Afghanistan. [[Persische Musik]] | + | Viele der heutigen Musiker haben einen akademischen Abschluss in ihrem Genre. Die religionskritische Linie der Sowjetunion hat aber dazu geführt, dass in Usbekistan, wie in den anderen zentralasiatischen Staaten religiöse Sujets in der aktuellen Musikszene selten vorkommen, im Gegensatz zur Musik des benachbarten Afghanistan ([[afghanische Musik]]). |
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Aktuelle Version
Der Charakter der usbekischen Musik ist geprägt von der politischen Aufteilung der ehemaligen zentralasiatischen Sowjetrepubliken in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts, bei der die beiden kulturellen Zentren Buchara und Samarkand Usbekistan zugeschlagen wurden. Die Kultur der beiden Städte ist stark geprägt von tadschikischen Einflüssen, die wiederum hauptsächlich dem persischen Sprach- und Kulturraum zuzuordnen sind. Demgegenüber sind die Usbeken – die größte Bevölkerungsgruppe Zentralasiens – turksprachig, wie auch die alte Bezeichnung für Zentralasien „Turkestan „ vermittelt. Die Aufführungen usbekischer Musik sind deshalb in usbekischer wie auch tadschikischer Sprache, häufig werden sogar beide Sprachen in einem Stück verwendet.
Die Musik Usbekistans ist exotisch und eigenständig, aber sie klingt dennoch wie arabische Musik des Mittleren Ostens und persische Musik. Eine Besonderheit ist, dass die dort üblichen Vierteltöne in der usbekischen Musik lediglich als Verzierungen eine gewisse Bedeutung haben. Die Instrumente sind denen in der arabischen Welt ähnlich: Langhalslauten, Rohrflöten, Tambourine und kleine Trommeln. In der Vergangenheit war die Musik verknüpft mit den fahrenden Barden und Geschichtenerzählern, die von Stadt zu Stadt reisten und dramatische Gedichte und Epen rezitierten.
Die klassische Musik Zentralasiens heißt Shashmaqam, das Wort bedeutet sechs Maqam, oder sechs Tonleitern; sie entstand in Buchara im späten 16. Jahrhundert, als die Stadt ein regionales Zentrum war. Der Shashmaqam gelangte in der städtischen Kultur Zentralasiens zur Blüte, am stärksten neben Buchara in Samarkand. Shashmaqam ist eng mit dem Azeri Mugam Aserbeidschans und dem Muqam der Uiguren Westchinas verwandt. Die Bezeichnung Shashmaqam bezieht sich auf die Struktur der Musik die sich in sechs Abschnitte in unterschiedlichen Modi gliedert, ähnlich wie bei persischer klassischer Musik. Die Musik wird unterbrochen von „gesprochener“ Sufilyrik, wobei der Sprecher aber ebenfalls eine Tonhöhenmelodie verwendet, im tiefen Register beginnt und nach und nach eine Klimax erreicht, nach der die Rezitation wieder zum tiefen Anfang zurückkehrt.
Für über fünfhundert Jahre stand die usbekische Musik mit den großen Höfen von Buchara, Khiva und Khokand in Verbindung, was ihr zur Sowjetzeit den Vorwurf des Feudalismus eintrug. Aus diesem Grund und wegen ihrer religiösen Inhalte wurde die klassische usbekische Musik in den Fünfzigerjahren sukzessive von der aufkommenden Unterhaltungsmusik verdrängt. Während der Sowjetära wandelte sich der Shashmaqam in eine Art Kantate, die aufgeführt wurde mit Chor und kleinem Orchester, das mit einheimischen Instrumenten besetzt war; heute schlägt das Pendel wieder zu einer ursprünglicheren, authentischeren Aufführungspraxis zurück.
Viele der heutigen Musiker haben einen akademischen Abschluss in ihrem Genre. Die religionskritische Linie der Sowjetunion hat aber dazu geführt, dass in Usbekistan, wie in den anderen zentralasiatischen Staaten religiöse Sujets in der aktuellen Musikszene selten vorkommen, im Gegensatz zur Musik des benachbarten Afghanistan (afghanische Musik).